Klaviaturumfang: FF – c4
Maße des Instruments:
Breite mit Leisten: 995 mm
Länge mit Leisten: 2140 mm
Mechanik:
Deutsche
Prellzungenmechanik mit Holzkapseln, ohne Fänger in der Tradition
Johann Andreas Steins, die Dämpfung wird unten im Tastenhebel geführt
(altes „Einfädel - Modell“)
Veränderungen:
zwei Kniehebel: Dämpfungsaufhebung und Moderator
Besaitung:
durchgehend 2-chörig
Gestaltung und Ausstattung:
Gehäuseform: doppelt gebogene Zarge, Mahagoni
polliert, umlaufende, mit Messing belegte Leisten,
vier spitz
zulaufende Beine, viereckiger Querschnitt mit Kannelierung und
abgesetztem Oberteil
Klaviaturbeläge
Untertasten: Elfenbein
Obertasten: Ebenholz
Die Ausstattung des
Instruments mit sehr feinem Mahagoni und umlaufenden vergoldeten Messingleisten war
um 1800 die Luxusausführung eines Hammerflügels, welche nur
einem ausgespochen zahlungsfähigem Kundenkreis vorbehalten war
(Musiker konnten
sich so etwas in der Regel nicht leisten). Ein in ähnlicher Weise
ausgestattetes Instrument ist im Germanischen Nationalmuseum erhalten,
es wurde von Anton Walter für Gräfin Anna Charlotte Dorothea
von Kurland gebaut. Die berühmte Diplomatin und
Salonière unterhielt enge Beziehungen zu Zar Alexander I. von
Russland, Friedrich Wilhelm III., Napoleon I., Talleyrand, Metternich,
Goethe und Schiller
Informationen zum Instrumentenbauer:
Melchior
Guante (1759 – 1845), eröffnete 1792 sein
Instrumentenbau-Gewerbe zu
Münster in Westfalen und übertrug das Geschäft 1815 an
Heinrich
Niemann, Melchior Guante war wohl Schüler von Johann Andreas
Stein.
Seine Instrumente sind aufwendig gestaltet und besonders solide gebaut.
Die erhaltenen Hammerklaviere Guantes sind mit Prellzungenmechanik mit
Holzkapseln ausgestattet. Die Tafelklaviere haben
Unterdämpfung.
Vergleichsinstrumente:
zwei weitere Hammerflügel von Melchior Guante sind bekannt, sie stehen in:
1. Germanisches Nationalmuseum Nürnberg Nr: MINe 114
2. Schloß Velen, Besitz des Reichsfreiherrn v. Landsberg-Velen
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vier
Tafelklaviere stehen in Boston/ Museum of Fine Arts, Nürnberg/
Germanisches Nationalmuseum, Museum Bökerhof/ Kreis Höxter und dem
Heimatmuseum Lippstadt.
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Die
Mechanik des Hammerflügels orientiert sich an dem berühmten
Vorbild der
Geschwister Stein aus Augsburg. Diese Mechanik ist gekennzeichnet durch
zierliche Hammerköpfe mit einer einfachen Belederung. Die
Hammerachsen sind in straffen Filzringen gelagert, welche in die
Holzkapseln eingepresst sind. Fänger wurden in der Steinischen
Mechanik nicht verwendet. Statt dessen wird der Hammer durch den
Achsen- Filzring abgebremst, sozusagen eine eingebaute Achs-Reibung
welche die einzigartige Sensorik der Steinischen Mechanik
ausmacht und gleichzeitig den Hammer am Nachprallen hindert.
Diese Form der Prellzungen-Mechanik wurde in unterschiedlichen
Bauformen in der Werkstatt von Johann Andreas Stein in
Augsburg seit etwa 1770 entwickelt und findet in der Bauart der
Stein- Kinder Matthäus Andreas und Nannette ihre letzte
Ausprägung. Ab etwa 1804 stellen auch die Stein- Kinder auf
die in Wien weiterentwickelte "Wiener Prellzungen- Mechanik" mit
Messingkapseln um, welche im stärker arbeitsteilig orientierten
Wiener Klavierbau eindeutige technologische Vorteile bietet,
wartungsärmer ist und der zunehmend virtuosen Spielweise
entgegenkommt. Die Dämpfung wird bei den Geschwischtern
Stein mittels einem Draht in eine Ausspahrung am Tastenhebel geführt über die ein Leder
gespannt ist, in welchem der Draht geräuschlos und exakt
läuft. Allerdings ist der Einbau der
Dämpfung ausgesprochen aufwendig. was einen schnellen Ein- und
Ausbau der Mechanik behindert und bei ungeduldigeren Charakteren
unfehlbar zu
Beschädigungen führen musste. Die Steinische "Deutsche
Prellzungen- Mechanik" eröffnet dem Pianisten ein
einzigartig empfindsames und nuanchenreiches Gestaltungspotential.
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der Hammerflügel von Melchior Guante in:
Franz Szabos kiritischem Journal der alten Musik:
Hin und wieder erlebt der Konzertbesucher Sternstunden, die sich für
immer ins Gedächtnis einbrennen. Sie sind so wenig kalkulierbar, wie
das Fallen von Sternschnuppen. Bei diesem Konzert in der
Gießenbachmühle bescherte eine solche die Pianistin Sylvia Ackermann
mit ihrem Schubertspiel auf einem Hammerflügel von Melchior Guante, um
1795 erbaut. Ihre Interpretation der Moments Musicaux op. 94, 1-3 trieb
nicht nur mir, sondern vielen anderen Besuchern die Tränen in die
Augen. Wohin ich auch blickte, gebannte Gesichter. Das lag an ihrer
höchst einfühlsamen, sanglichen Interpretation und den von ihr
erzeugten Klangfarben in Kombination mit dem Klangbild des alten
Hammerklaviers. Schuberts Komposition erhält auf dieser Palette, und
auch durch die unterschiedlichen dynamischen Kontraste, eine völlig
andere Bedeutung, als auf einem modernen Konzertflügel - egal wie
perfekt dieser gespielt wird. Es entstanden ungeahnte neue Schönheiten
durch den Obertonreichtum im Andantino, wozu auch die
Holzkapselmechanik beitrug, die einen einzigartig empfindsamen Ton zu
erzeugen vermag: Das Unhörbare noch hörbar machen. Auch die leicht
martialische Klangcharakteristik der Basssaiten trug das Ihre bei. Im
großen und ganzen hatte ich den Eindruck, diese Komposition das erste
Mal zu hören, vielleicht noch nie so nahe an Schuberts Welt, wie an
diesem Vormittag. Zutiefst berührend! ... weiterlesen1
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