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Hammerflügel Melchior Guante, Münster Westfalen um 1795 Claviersalon Miltenberg
der Hammerflügel von Melchior Guante, Münster um 1800 in der Sammlung Claviersalonx
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Hammerflügel Melchior Guante  Münster Westfalen um 1795  Claviersalon



Hammerflügel Melchior Guante

Erbauer und Zeit
Melchior Guante (1759 – 1845), erbaut um 1795


Signatur Melchior Guante

Signatur auf dem Resonanzboden:
Melchior Guante/ Instrumentenmacher
zu Münster in/ Westfalen

Klaviaturumfang: FF – c4
 
Maße des Instruments:
Breite mit Leisten: 995 mm
Länge mit Leisten: 2140 mm


Mechanik:
Deutsche Prellzungenmechanik mit Holzkapseln, ohne Fänger in der Tradition Johann Andreas Steins,  die Dämpfung wird unten im Tastenhebel geführt (altes „Einfädel - Modell“)

Veränderungen:
zwei Kniehebel: Dämpfungsaufhebung und Moderator
Besaitung:
durchgehend 2-chörig
 

Gestaltung und Ausstattung:
Gehäuseform: doppelt gebogene Zarge, Mahagoni polliert, umlaufende, mit Messing belegte Leisten,
vier spitz zulaufende Beine, viereckiger Querschnitt mit Kannelierung und abgesetztem Oberteil

Klaviaturbeläge
Untertasten: Elfenbein
Obertasten: Ebenholz

Die Ausstattung des Instruments mit sehr feinem Mahagoni und umlaufenden vergoldeten Messingleisten war um 1800 die Luxusausführung eines Hammerflügels, welche nur einem ausgespochen zahlungsfähigem Kundenkreis vorbehalten war
(Musiker konnten sich so etwas in der Regel nicht leisten). Ein in ähnlicher Weise ausgestattetes Instrument ist im Germanischen Nationalmuseum erhalten, es wurde von Anton Walter für Gräfin Anna Charlotte Dorothea von Kurland gebaut. Die berühmte  Diplomatin und Salonière unterhielt enge Beziehungen zu Zar Alexander I. von Russland, Friedrich Wilhelm III., Napoleon I., Talleyrand, Metternich, Goethe und Schiller


Informationen zum Instrumentenbauer:
Melchior Guante (1759 – 1845), eröffnete 1792 sein Instrumentenbau-Gewerbe zu Münster in Westfalen und übertrug das Geschäft 1815 an Heinrich Niemann, Melchior Guante war wohl Schüler von Johann Andreas Stein. Seine Instrumente sind aufwendig gestaltet und besonders solide gebaut. Die erhaltenen Hammerklaviere Guantes sind mit Prellzungenmechanik mit Holzkapseln ausgestattet. Die Tafelklaviere haben Unterdämpfung. 



Vergleichsinstrumente:

zwei weitere Hammerflügel von Melchior Guante sind bekannt,  sie stehen in:
1.    Germanisches Nationalmuseum Nürnberg Nr: MINe 114
2.    Schloß Velen,  Besitz des Reichsfreiherrn v. Landsberg-Velen

Hammerflügel von Melchior Guante Münster Westfalen um 1810




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vier Tafelklaviere stehen in Boston/ Museum of Fine Arts, Nürnberg/ Germanisches Nationalmuseum, Museum Bökerhof/ Kreis Höxter und dem Heimatmuseum Lippstadt
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Prellzungenmechanik Tafelklavier Melchior Guante Instrumentenmacher zu Münster in Westfalen



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Geschwister-Stein-Mechanik des Hammerklaviers von Melchior Guante nach Geschwister Nannette und Matthäus Andreas Stein


Die Mechanik des Hammerflügels orientiert sich an dem berühmten Vorbild der Geschwister Stein aus Augsburg. Diese Mechanik ist gekennzeichnet durch zierliche Hammerköpfe mit einer einfachen Belederung. Die Hammerachsen sind in straffen Filzringen gelagert, welche in die Holzkapseln eingepresst sind. Fänger wurden in der Steinischen Mechanik nicht verwendet. Statt dessen wird der Hammer durch den Achsen- Filzring abgebremst, sozusagen eine eingebaute Achs-Reibung welche die einzigartige Sensorik der Steinischen Mechanik ausmacht und gleichzeitig den Hammer am Nachprallen hindert. Diese Form der Prellzungen-Mechanik wurde in unterschiedlichen Bauformen in der Werkstatt von Johann Andreas Stein in Augsburg seit etwa 1770 entwickelt und findet in der Bauart der Stein- Kinder Matthäus Andreas und Nannette  ihre letzte Ausprägung.  Ab etwa 1804 stellen auch die Stein- Kinder auf die in Wien weiterentwickelte "Wiener Prellzungen- Mechanik" mit Messingkapseln um, welche im stärker arbeitsteilig orientierten Wiener Klavierbau eindeutige technologische Vorteile bietet, wartungsärmer ist und der zunehmend virtuosen Spielweise entgegenkommt.  Die Dämpfung wird bei den Geschwischtern Stein mittels einem Draht in eine Ausspahrung am Tastenhebel geführt über die ein Leder  gespannt ist, in welchem der Draht geräuschlos und exakt läuft.   Allerdings ist der Einbau der Dämpfung ausgesprochen aufwendig. was einen schnellen Ein- und Ausbau der Mechanik behindert und bei ungeduldigeren Charakteren unfehlbar zu Beschädigungen führen musste. Die Steinische "Deutsche Prellzungen- Mechanik" eröffnet dem Pianisten ein einzigartig empfindsames und nuanchenreiches Gestaltungspotential.


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der Hammerflügel von Melchior Guante in:
Franz Szabos kiritischem Journal der alten Musik:

Hin und wieder erlebt der Konzertbesucher Sternstunden, die sich für immer ins Gedächtnis einbrennen. Sie sind so wenig kalkulierbar, wie das Fallen von Sternschnuppen. Bei diesem Konzert in der Gießenbachmühle bescherte eine solche die Pianistin Sylvia Ackermann mit ihrem Schubertspiel auf einem Hammerflügel von Melchior Guante, um 1795 erbaut. Ihre Interpretation der Moments Musicaux op. 94, 1-3 trieb nicht nur mir, sondern vielen anderen Besuchern die Tränen in die Augen. Wohin ich auch blickte, gebannte Gesichter. Das lag an ihrer höchst einfühlsamen, sanglichen Interpretation und den von ihr erzeugten Klangfarben in Kombination mit dem Klangbild des alten Hammerklaviers. Schuberts Komposition erhält auf dieser Palette, und auch durch die unterschiedlichen dynamischen Kontraste, eine völlig andere Bedeutung, als auf einem modernen Konzertflügel - egal wie perfekt dieser gespielt wird. Es entstanden ungeahnte neue Schönheiten durch den Obertonreichtum im Andantino, wozu auch die Holzkapselmechanik beitrug, die einen einzigartig empfindsamen Ton zu erzeugen vermag: Das Unhörbare noch hörbar machen. Auch die leicht martialische Klangcharakteristik der Basssaiten trug das Ihre bei. Im großen und ganzen hatte ich den Eindruck, diese Komposition das erste Mal zu hören, vielleicht noch nie so nahe an Schuberts Welt, wie an diesem Vormittag. Zutiefst berührend! ... weiterlesen1