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Claviersalon- die ganze Vielfalt historischer Tasteninstrumente . . x. |
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vorläufige Beschreibung des Instruments: Der prächtige Hammerflügel von André Stein, Wien nach 1802 ist nach bisherigen Erkenntnissen ª wohl das früheste erhaltene Instrument des Meisters. Es weicht in Ausstattung und Bauweise von den bisher bekannten Modellen ab und steht mit den ganz frühen Fortepianos seiner Schwester Nannette Streicher noch ganz in der Augsburger Tradition des Vaters Johann Andreas Stein. Das Instrument wird derzeit restauriert und wird danach die Sammlung des Claviersalons spektakulär bereichern.... a) eine vorläufige Chronologie der erhaltenen André Stein- Hammerklaviere hat Roland Hentzschel recherchiert in: "Das Wiener Klavier bis 1850" Hans Schneider, Tutzing 2007, S 97 . Klaviaturumfang: FF – f4
Maße des Instruments: Breite mit Deckel: 1140 mm Länge mit Deckel: 2170 mm Mechanik: Deutsche
Prellzungenmechanik mit Holzkapseln, ohne Fänger in der Tradition
Johann Andreas Steins, die Dämpfung wird unten im Tastenhebel geführt
(altes „Einfädel - Modell“)
Veränderungen: Moderator und Dämpfungsaufhebung . Gestaltung und Ausstattung: Gehäuseform: doppelt gebogene Zarge, Wallnuss prachtvolle z.T. großformatige Zierbeschläge, spitz zulaufende Beine, viereckiger Querschnitt mit abgesetztem Oberteil, Messing- Kapitell oben und Messing- Fuß Klaviaturbeläge Untertasten: Ebenholz Obertasten: Bein Vergleichsinstrumente: ein weiterer Hammerflügel von Matthäus Andreas Stein in der frühesten bekannten Bauform befindet sich im Schlossmuseum Sondershausen . Der
Hammerflügel ist eines von ganz wenigen erhaltenen deutschen
Hammerklavieren in der Form des 18. Jh, welches bereits einen
Klaviaturumfang von 6 Oktaven aufweist. Es dokumentiert, dass sich der
Instrumentenbauer schon frühzeitig der Erweiterung des
Klaviaturumfanges zuwandte.
Die Mechanik
des Hammerflügels mit Holzkapseln ohne Fänger, steht noch
ganz in der Tradition des Vaters Johann Andreas Stein, der die deutsche
Prellzungenmechanik erfunden hat, und in der vorliegender Form im Jahr
1782/83 erstmals gebaut hat.
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Signatur: Porzellan-Vignette im Vergoldeten
Messing Rahmen über der Klaviatur André Stein/ d. Augsbourg a Vienne |
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Furnierbild, Lack und Beschläge zeigen sich in einzigartig original erhaltener Schönheit
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Informationen zum Instrumentenbauer:
Matthäus Andreas Stein (1776-1842) wurde am 12. Dezember 1776 als 12. Kind des berühmten Orgel- und Instrumentenbauers Johann Andreas Stein (1728-1792) in Augsburg geboren. Nach dem Tod des Vaters übersiedelte Matthäus Andreas 1794 gemeinsam mit seiner Schwester Nannette und deren Mann Andreas Streicher nach Wien und führten die Firma "Nannette und Andreas Stein, Instrumenten - Macher von Augsburg" zunächst gemeinsam. Andreas Matthäus heiratet 1796 Maria Theresia Dischler. Am 4.9. 1797 wird der Sohn Carl Andreas Stein geboren (1797 - 1863) 1802 trennten sich die Geschwister und bauen fortan in getrennten Werkstätten. Andreas Matthäus Stein stirbt am 6. Mai 1842 im Hause seines Sohnes. .. . |
Die Wertschätzung André
Steins lässt sich in zahlreichen zeitgenössischen
Quellen belegen, in diesen wird er regelmäßig zu
den besten Wiener Instrumentenbauern gezählt:
Brief Constanze Mozarts an ihren Sohn Carl am 17. Januar 1810
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. . Die Mechanik bei Nannette & Andreas Matthäus Stein "d Augsboug a Vienne" bis ca 1805 aus:
Johann Andreas Streicher, Kurze Bemerkungen über das Spielen,
Stimmen und Erhalten der Fortepiano, welche von Stein in Wien
verfertigt werden. Wien, 1801
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Die Prellzungenmechanik bei
Nannette Streicher und Matthäus Andreas Stein, Wien bis ca. 1805
folgt im Wesentlichen der Konzeption des Vaters Johann Andreas
Stein. Lediglich die im Tastenhebel geführte Dämpfung weicht
vom alten Stein- Modell ab.
Bemerkenswert ist das beharrliche Festhalten der Geschwister Stein an der alten fängerlosen Holzkapsel- Mechanik, insbesondere da die Wiener Konkurrenz um 1800 bereits überwiegend Messingkapselmechaniken in der Art von Anton Walter baut und diese Bauform aufgrund ihrer schnellen Verbreitung und technologischer Vorteile als zukunftsträchtig erscheinen muss. Warum also halten die Geschwister Stein an dem alten Mechanik-Modell so beharrlich fest? Die Anwort auf diese Frage ist wohl die Marke "Stein" Mit dem Namen "Stein" können sich die beiden Kinder des Meisters in Wien gegen eine Schar von Konkurrenten behaupten. Mit ihrem eigenwilligen altmodischen Modell sind sie unverwechselbar- Marke und Klang sind das heraushebende Alleinstellungsmerkmal. |
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Hammerflügel
von Melchior Guante, Münster um 1800. Guante baute die
Holzkapsel Mechanik incl. "Einfädel- Dämfung" nach dem Modell
der Geschwister Stein. Zeitgenössische Kopien der Geschwister
Stein- Instrumente sind äußerst selten.
der Guante Hammerflügel gehört zur Instrumentensammlung des Claviersalons. |
Verwirrung herrscht in der Literatur allenthalben über Wesen und Differenzen der alten Steinischen (Deutschen) und Walterschen (Wiener)-Klaviermechaniken. So behauptete z.B. erst jüngst Jan Caeyers in "Beethoven- Der einsame Revolutionär", Beck, München 2012, bei Walter wäre "die Spieltiefe der Tasten größer" S.363. Die erhaltenen historischen Walter- Flügel weisen um 1803 (GNM/MINe109) einen Tastentiefgang von 5 - 6 mm auf mit Tendenz zu 5, die entsprechende Stein- Mechaniken - hier z. B. Nannette 1803 (GNM-MIR 1107) hat ebenfalls einen Tastentiefgang von 5 - 6-mm, allerdings mit einer Tendenz zu 6 mm. Wenn man jedoch frühere Instrumente betrachtet, hält Walter den klaren Tastentiefgangs-minimal-Rekord mit durchschnittlich max. 4 mm (MIR1098). Beim Tastendruck ist kaum ein signifikanter Unterschied auszumachen, die Instrumente bewegen sich da zwischen ca. 20 und 25 Gramm, hierzu muss allerdings erklärt werden, dass für den Spieler das "Druckgefühl" bei der frühen Prellzungenmechanik keineswegs von der Schwere oder besser gesagt "Leichtigkeit" der Taste bestimmt wird, vielmehr ist hier die Regulierung (Druckpunkt und Auslösung) sowie die Elastizität des Druckpolsters ausschlaggebend. Technische Feinheiten an Originalinstrumenten sind nicht jedem Autor zugänglich, gänzlich unverständlich kommen jedoch willkürliche Behauptungen an, wie diese: "die englischen Klaviere [...] konnten besser "singen" als jedes Wiener Pianoforte" (Caeyers, S. 364) hier wird leider nur Verwirrung gestiftet, denn selbst wenn man dem Autor bezüglich dem "singen" eine gewisse interpretative Tolleranz einräumt, das "Singende" ist das Wesen der Hammerflügel mit Prellzungenmechanik und es hat seine schönste Ausprägung gefunden in den Instrumenten von Johann Andreas Stein und seinen Kindern. Johann Ferdinand von Schönfeld formulierte das so: | ||
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"Da wir nun zwei
Originalinstrumentenmacher haben, so theilen wir unsere Fortepiano in
zween Klassen; die Walterischen und die Streicherischen. Eben so haben
wir auch bei genauer Aufmerksamkeit zwei Klassen unter unseren
größten Klavierspielern. Eine dieser Klassen liebt einen
starken Ohrenschmauß, das ist, ein gewaltiges Geräusche; sie
spielt daher sehr reichtönig, außerordentlich geschwind,
studirt die häckeligsten Läufe und die schnellsten
Oktavschläge. Hiezu wird Gewalt und Nervenstärke erfordert;
diese anzuwenden, ist man nicht mächtig genug, eine gewisse
Moderation zu erhalten, und bedarf also eines Fortepianos, dessen
Schwebung nicht überschnappt. Den Virtuosen dieser Art empfehlen wir walterisches Fortepiano. Die andere Klasse unserer großen Klavierspieler sucht Nahrung für die Seele, und liebt nicht nur deutliches, sondern auch sanftes, schmelzendes Spiel. Diese können kein besseres Instrument, als ein Streicherisches, oder sogenanntes Steinisches wählen." |
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Johann
Ferdinand von Schönfeld über den markanten Unterschied
Steinischer Hammerklaviere
im Vergleich mit Anton Walter in „Jahrbuch der Tonkunst von Wien und Prag“ (1796): |
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Johann Friedrich Reichardt, Vertraute Briefe aus Paris geschrieben in den Jahren 1802 und 1803, 2.Bd. I,(2.ed.) Hamburg 1805, S.334-5 |
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Zur Chronologie der frühen Instrumente:
Der Hammerflügel von André Stein weist zahlreiche Parallelen zum Instrument seiner Schwester, Nannette Streicher, Wien um 1803, GNM/MIR 1107 auf. Nannette baute seit spätestens 1805 Mechaniken mit Messingkapseln (ein Instrument von 1805 aus dem Besitz der Familie Klinkerfuß weist bereits Messingkapseln auf). Auch aufgrund der etwas umständlich einzubauenden "Einfädeldämpfung" muss das Instrument Andre Steins in dessen früheste Bauphase datiert werden. Die Entwicklung des Klaviaturumfangs vollzieht sich nach 1800 nicht linear, über längere Zeit werden unterschiedliche Umfänge parallel vertrieben oder die Konfektionierung erfolgt nach Kundenwunsch. Eine Anzeige des Leipziger Verlags Breitkopf und Härtel mit angeschlossenem Instrumentenhandel, weist auf Angebote 6 Oktaviger Flügel im Jahr 1803 hin die sich vermutlich auch auf die Steinische Fortepiano beziehen. |
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aus der Berliner "Zeitung für die elegante Welt", Berlin 1803
die Fußnote "*" weist auf eine Exklusiv- Vertretung hin |
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Büderchen & Schwesterchen - André Stein, seine Schwester Nannette und Streicher... der Schwager | |||
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Die Trennung der Geschwister Nannette und Andreas Matthäus Stein 1802 | |||
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Vergleich der Hammerflügel von Andre Stein und seiner Schwester nach deren Trennung, beide wohl 1803 | |||
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Der schwierige Charakter Andreas Matthäus Steins und das Zerwürfnis mit der Schwester Nannette
wird zumeist undifferenziert aus der Sicht des Schwagers Andreas
Streicher rezipiert. Dieser wirft André sogar Niederträchtigkeit, Zügellosigkeit und Verderbtheit vor. (Brief
Andreas Streichers an Härtel vom 18. Oktober 1802, zitiert nach
Lütge, Wilhelm: Andreas und Nannette Streicher" in "Der Bär",
Jahrbuch von Breitkopf und Härtel, Leipzig 1927, S. 53-69
Eigenwilligkeit
und undiplomatisches Verhalten werden André in
verschiedenen Quellen attestiert, indes bezieht sich diese Kritik nicht
auf instrumentenbauliche oder fachliche Mängel. Vielleicht stößt hier ausgepägtes
Selbstbewußtwein in
Zusammenhang mit Sturheit wiederholt auf Unwillen. Mit
dem Schwager Andreas Streicher steht André im eigenen Hause ein
schon fast devoter "Emporkömmling" gegenüber dessen
einschmeichelndes Ehrerbieten im krassen Gegensatz zur unwirschen
Art André's zweifellos erfolgreichere Geschäfte verspricht (vergl.:
Christoph Öhm-Kühnle: „Er weiß jeden Ton
singen zu lassen“ Der Musiker und Klavierbauer Johann Andreas
Streicher, Dissertation, Universität Tübingen 2008)
Allerdings bezeugt die Haltung Steins vielleicht auch eine klare und aufrechte Haltung welche bei der oftmals adeligen Kundschaft eventuell als unziemlich und frech empfunden wurde. So ist z.B. in der Kauf- Verhandlung mit Josephine Deym (geb. Brunswick) durchaus keine Böswilligkeit André Steins zu erkennen. Immerhin gestattet er ihr noch kurz vor Fertigstellung des Instruments mit Hinweis zahlreicher anderer Interessenten, vom vereinbarten Geschäft zurück zu treten. "Hochtrabendes" Reden und Verhandlungsunwilligkeit könnten hier ebensogut als die Haltung eines aufrechten Bürgers gelten. Interessant an dem Brief- Zitat ist auch, dass André hier klar als Wortführer der Firma auftritt: |
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Rita Steblin: "Beethovens Beziehungen zu Wiener Klavierbauern um 1800 im Licht neuer Dokumente der Familie Brunswick" in "Das Wiener Klavier bis 1850", hrg.: B.Darmstädter, Schneider/Tutzing 2007, S. 75-76
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Die
Beine des André Stein- Fortepianos des Claviersalons mit "deux
rosette au pied" entsprechend dem für Josephine Brunswick
gebautem Instrument.
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Je reçue hier avec beaucoup de plaisir, Votre lettre dateé du 31 de ce mois, [ ... ] Nous
etions aujourd'hui, chez Mr Stein, paraport du Forte piano, que Vous
avez comander, là, j'ai parlé avec lui même, et
avec sa Soeur, mais il parle d'un ton un peu haut, et ne veut rien
savoir, des 80 #: et dit qu'il a accorder avec Vous pour 90, parceque
Vous avez commandez qu'il y soit avec d'acier, mais c'est peu de chose, deux rosette, au pied,et
comçà quelque peu de chose[,] mon mari a long temp
marchander avec lui et a dit qu'il a etoit présent lorsque Vous
accordiez l'instrument, et que Vous n'avez avise plus de 80 #, mais il
persiste à 90 #, je le croyois donc necessaire de Vous en
avertir. |
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zittiert nach Rita Steblin: "Beethovens Beziehungen zu Wiener Klavierbauern um 1800 im Licht neuer Dokumente der Familie Brunswick" in "Das Wiener Klavier bis 1850", hrg.: B.Darmstädter, Schneider/Tutzing 2007, S. 75-76 | |||
© georg ott claviersammlung.de 2013 |